7. Nachvertragliche Nutzung von Kundenstammdaten, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

7.1. Nachvertragliche Nutzung von Kundenstammdaten

Für den Handelsvertreter stellt sich nach Beendigung eines Handelsvertretervertragsverhältnisses häufig die Frage, ob und wenn ja in welchem Umfang er Kundendaten für Nachfolgetätigkeiten verwenden darf. In der Regel wird die Verwendung von Kundendaten im Zusammenhang mit wettbewerblicher Nachfolgetätigkeit des Handelsvertreters stehen, weil der Handelsvertreter sie dort natürlich besonders nutzbringend einsetzen kann. Viele Handelsvertreter sind der Meinung, dass die Kunden und damit auch deren Daten ihnen gehören würden („das sind meine Kunden“). Das ist definitiv nicht der Fall. Handelsvertreter werden im Gegensatz zum Vertrags- oder Eigenhändler „nur“ vermittelnd im Namen des vertretenen Unternehmens tätig und schaffen mithin regelmäßig Geschäftsbeziehungen zwischen den Kunden und dem vertretenen Unternehmen. Die Kunden „gehören“ also, wenn man so will, dem vertretenen Unternehmen. Nun unterliegt der Handelsvertreter, selbst, wenn er für die von ihm geschaffenen Kundenbeziehungen, aus denen der Unternehmer in der Zukunft Vorteile zieht, einen Handelsvertreterausgleich (§ 89b HGB, im allgemeinen Sprachgebrauch auch Abfindung oder Ausgleich genannt) zu bekommen hat, grundsätzlich keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Dies wäre nur der Fall, wenn ein solches vertraglich mit ihm vereinbart worden wäre (§ 90a HGB s.u. 7.2).

Die Nutzung von Kundendaten aus dem alten Vertragsverhältnis ist aber trotzdem nur in engen Grenzen zulässig, weil der Handelsvertreter nach § 90 HGB einem gesetzlichen Geheimhaltungsgebot (der Verpflichtung zur Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen) während und nach Beendigung des Handelsvertretervertragsverhältnisses unterliegt. Grundsätzlich handelt es sich nämlich bei den Kundendaten um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Sinne des § 90 HGB und die gesetzliche Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht eben auch über das Vertragsende hinaus. Sie hängt allerdings davon ab, ob die Nutzung oder Preisgabe nach den Umständen des Einzelfalls der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns widerspricht. Die Bewertung, ob die Verwertung der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns widerspricht, wird anhand einer Abwägung der Interessen des Unternehmers und des Handelsvertreters vorgenommen. Im Allgemeinen liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann kein vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten des Handelsvertreters vor, wenn dieser nach seinem Ausscheiden aus dem Vertragsverhältnis Kundendaten verwendet, die ihm im Gedächtnis geblieben sind (BGH vom 14.01.1999, Az. I ZR 2/97 m. w. Nw.). Grundsätzlich zulässig ist die Nutzbarmachung von Kundendaten mittels öffentlich zugänglicher Medien (z.B. Telefonbuch, Branchenbuch, Internet). Unzulässig ist hingegen der Rückgriff auf Geschäftsunterlagen aus dem alten Vertragsverhältnis oder die Nutzung von Kundendaten, die während der geschäftlichen Tätigkeit in den privaten Besitz des Handelsvertreters gelangt sind. Eine derartige Nutzung wäre nach § 90 HGB unzulässig und verboten.

Beachte: Sollten Vereinbarungen im Handelsvertretervertrag getroffen worden sein, die jedwede Nutzung der bekannten Kundendaten verbieten und diese Regelung nicht im Einzelnen ausgehandelt worden sein, sind diese in Form von AGBs grds. unwirksam.

Die unzulässige nachvertragliche Nutzung von Kundenstammdaten kann zu erheblichen Schadensersatzansprüchen des ehemals vertretenen Unternehmers führen und sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Sollten Sie unsicher sein, ob in Ihrem Fall die Nutzung zulässig ist, geben wir Ihnen gerne eine entsprechende Einschätzung.

7.2. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Wurde ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, ist jede wettbewerbliche Tätigkeit des Handelsvertreters in dem Rahmen, in dem er vertraglich zuvor tätig sein durfte, für maximal zwei Jahre untersagt, somit auch das Abwerben von Altkunden mittels Nutzung von bekannten Kundendaten.

Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt ist. Wenn sie die Dauer von zwei Jahren und/oder den vertraglichen Rahmen, in dem der Handelsvertreter seine Tätigkeit ausüben sollte, also das vertraglich vereinbarte Vertragsgebiet, den Kundenkreis, die vertretene Produktgruppe etc. überschreitet, ist das Wettbewerbsverbot gleichwohl wirksam ! Es ist dann nach der BGH-Rechtsprechung allerdings auf die zulässige Maximaldauer und den zulässigen Bereich begrenzt, d.h. die 2 Jahre und den Bereich, der Gegenstand des Handelsvertretervertrages war.

Zudem muss der Unternehmer dem Handelsvertreter eine Entschädigung für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot (die sog. Karenzentschädigung) zahlen und zwar auch dann, wenn dies zuvor nicht vereinbart worden war (§ 90a Abs. 1 Satz 3 HGB). Sie liegt in der Regel zwischen 50% und 100% der zuvor verdienten Jahresvergütung des Handelsvertreters pro Jahr des Wettbewerbsverbotes.

Auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot kann das Unternehmen zahlungsbefreiend nur schriftlich bis zum Ende des Handelsvertretervertragsverhältnisses verzichten (§ 90a Abs. 2 HGB. Danach wäre trotz Verzichtes die Karenzentschädigung vollen Umfangs zu zahlen. Verzichtet das Unternehmen auf das Wettbewerbsverbot weniger als 6 Monate vor Vertragsende, ist die überhängende Zeit zu entschädigen (also bei 5 Monaten 1 Monat, bei 4 Monaten 2 Monate etc.).

Selbst, wenn neben der Karenzentschädigung ein Handelsvertreterausgleich zu zahlen ist, wird die Karenzentschädigung nicht auf diesen angerechnet, sondern steht selbständig neben diesem.

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