5. Konkurrenzverbot
Eine der wichtigsten Pflichten eines jeden Handelsvertreters ist es, keine Firmen zu vertreten, die mit ihren Produkten auch nur teilweise in Wettbewerb zu einem anderen vertretenen Unternehmen stehen. Diese Pflicht ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben, wird hingegen von der Rechtsprechung aus der allgemeinen Interessenwahrnehmungspflicht des Handelsvertreters abgeleitet, nach der der Handelsvertreter alles zu unterlassen hat, was eine Schädigung der Interessen des Unternehmers zur Folge haben könnte. Diese Pflicht besteht damit unabhängig davon, ob sie im Vertrag gesondert aufgeführt ist oder nicht. Der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot hat für den Handelsvertreter weitreichende Konsequenzen. Er stellt einen Vertrauensbruch dar, der ohne Abmahnung zur fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertragsverhältnisses führen kann und selbst bei einer ordentlichen Kündigung den Verlust des Handelsvertreterausgleiches nach sich zieht. Auch Schadensersatzsprüche des Unternehmers sind bei Vorliegen eines Konkurrenzverstoßes grundsätzlich möglich und wahrscheinlich. Für jeden Handelsvertreter ist daher die Frage, ob die von ihm vertretenen oder zu vertretenden Unternehmen zueinander in Konkurrenz stehen, mit größter Sorgfalt zu behandeln.
Die Rechtsprechung legt bei der Beurteilung, ob eine Konkurrenzsituation vorliegt, einen strengen Maßstab an und fordert von dem Handelsvertreter, dass er sogar in Zweifelsfällen den vertretenen Unternehmer davon unterrichtet und sein Einverständnis einholt, wenn er auch für Wettbewerber Geschäfte abschließen oder vermitteln will, die wegen der Qualität der Waren oder der Preise dazu führen, die Interessen des vertretenen Unternehmers zu beeinträchtigten (BGH v. 25.03.1958, HVR 163). Dabei ist es grundsätzlich gleichgültig, ob sich die Überschneidung der vertretenen Produktpaletten nur in Randbereichen oder bei besonders umsatzstarken Produkten ergibt. Bei der Beurteilung kann folgende Kontrollfrage hilfreich sein:
Würde sich der Kunde, wenn er beide Produkte zum Kauf angeboten bekäme, wahlweise für das eine oder das andere Produkt entscheiden?
Tritt eine Konkurrenzsituation innerhalb der Produktpaletten zweier vom Handelsvertreter vertretener Unternehmen nachträglich auf, gilt grundsätzlich folgendes:
Vor Aufnahme des Vertriebes des neu auf den Markt gebrachten Konkurrenzproduktes muss der andere Unternehmer um Zustimmung gebeten werden, damit der Handelsvertreter dieses Produkt mit vertreiben darf. Erhält der Handelsvertreter diese Zustimmung nicht und vertreibt er das Produkt gleichwohl, liegt ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot vor. Verweigert der Unternehmer hingegen seine Zustimmung, ist der Handelsvertreter berechtigt, das Vertragsverhältnis mit dem Unternehmen, dass das neue Produkt auf den Markt gebracht hat und damit den Konflikt verursachte, aus begründetem Anlass nach § 89b Abs. 3 S. 1 HGB zu kündigen. Er hat sodann Anspruch auf seinen Handelsvertreterausgleich.
Daneben gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Fallgestaltungen. Die Beurteilung der Situation, die Konsequenzen, die zu ziehen sind, oder was von dem Handelsvertreter vorbeugend zu tun ist, sollte stets von einem auf diesem Gebiet versierten Juristen vorgenommen werden, da die Auswirkungen einer falschen Entscheidung nachhaltig sind (s.o.).
Bei dem Abschluss neuer Verträge sollte darauf geachtet werden, dass die bereits vorhandenen Vertretungen im Vertrag genannt und die vertretenen Unternehmen über die Produktpaletten informiert sind. Da der Handelsvertreter bei Vorliegen einer Konkurrenzsituation grundsätzlich beweisen muss, dass der Unternehmer mit dem gleichzeitigen Vertrieb der Konkurrenzprodukte einverstanden war, muss darauf geachtet werden, dass dieses Einverständnis auch schriftlich dokumentiert ist. Dies gilt auch für den Fall, dass dem Unternehmer die Tätigkeit des Handelsvertreters für eine Konkurrenzfirma bereits seit längerer Zeit bekannt war. In einem solchen Fall ist der Unternehmer nicht berechtigt, den Vertrag wegen Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot fristlos zu kündigen (BGH vom 21.11.1960, HVR 299). Dies gilt nur dann nicht, wenn die Tätigkeit in ihrem wirklichen Ausmaß von dem Unternehmer nicht erkannt wurde (BGH a.a.O.). Deshalb ist es in solchen Fällen ausgesprochen wichtig, belegen zu können, dass der Unternehmer über die Existenz der Konkurrenzvertretung und die vertriebene Produktpalette informiert war.
Aus unserer anwaltlichen Tätigkeit wissen wir, dass mit dem Thema Konkurrenz häufig zu sorglos umgegangen wird und sich damit die Erfolgsaussichten für die Realisierung des Handelsvertreterausgleiches und der übrigen Ansprüche unnötig verschlechtern.
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